HomePop

Pippa – Idiotenparadies

Knapp ein Jahr nach ihrem von Kritikern hochgelobten Debüt „Superland“ lädt PIPPA ihre HörerInnen ein, sie auf einen Trip ins „Idiotenparadies“ zu begleiten. Eine Aufforderung, der der Verfasser und bald nicht nur dieser nur allzu gerne nachkommt. Es war absolut nicht selbstverständlich, dass mit „Idiotenparadies“ nun bereits ein zweites Album der Wienerin vorliegt, der im Musikgymnasium mangelndes Talent und fehlender Ehrgeiz vorgehalten wurden. Ihr wurde gar bescheinigt, „ungeeignet“ zu sein. Nun, abgesehen von der pädagogisch unglaublich wertvollen, sensiblen und vortrefflichen Wortwahl, kann man den LehrerInnen aus heutiger Sicht nur sagen: Ihr hattet unrecht! Ihr lagt voll daneben. Derart von PädagogInnen „motiviert“ dauerte es allerdings zehn Jahre, ehe PIPPA ihrem eigenen Drang sich musikalisch auszudrücken, wieder nachgab und eine Gitarre zur Hand nahm, um Songs zu schreiben. Bis sie sich musikalisch fand, verging etwas Zeit, aber nun hat PIPPA ihr Thema, ihre Geschichte gefunden: Die Feier des Unperfekten, die Schönheit des Einfachen. Wäre sie ein Mann, man hätte sie vermutlich schon früher als schlampiges Genie erkannt. So blieb sie nicht ver- aber unbekannt. Doch die gelernte Schauspielerin, die u.a. bereits im Tatort, in Soko Donau aber auch auf Theaterbühnen zu sehen war, will das ändern und konzentriert sich nunmehr voll auf ihre Musik.

„Während ich in der Schauspielerei im Theater in verschiedene Rollen schlüpfe, bin ich in der Musik immer zu 100% ich selbst. Allerdings hat dieses „Ich-Sein“ viele Facetten. Als feministische Frau erlaube ich mir, sie alle auszuleben.“ meint PIPPA über ihr zweites Album. Auf „Idiotenparadies“ hat die Sängerin ihre Leidenschaft für Sounds und Arrangements entdeckt. Waren auf „Superland“ noch Songs im eher klassischen Sinne vorherrschend, lebt das neue Album von der Lust am Experiment. So trifft Pop auf HipHop, Funk und Elektronik, was etwas Neues entstehen lässt. Etwas, das unverkennbar PIPPA ist. Textlich geblieben sind die Geschichten und Anekdoten über Wien und ihr eigenes Leben. Bemerkenswert dabei ist eine teilweise beinahe brutal zu nennende Ehrlichkeit („Meine Traurigkeit“), die die Verletzbarkeit der Künstlerin zeigt. „Es muss einer Frau auch erlaubt sein, ihre Schwächen zu zeigen. Alles Perfekte ist ohnehin sterbenslangweilig.“ erhebt PIPPA die Schönheit des Scheiterns dabei zum Lebensmotto.

Auf „Egal“ rechnet PIPPA mit einer vorherrschenden Gleichgültigkeit gegenüber Allem ab und stellt sich dabei selbst die Frage: Wie soll man angesichts tausender Wahlmöglichkeiten Entscheidungen treffen? Wie sich aufraffen und einen Standpunkt einnehmen? Wer reagiert da nicht auch mit Gelassenheit? Oder ist ohnehin alles egal? Egal. „Ich ziehe meine Kraft daraus, meine Schwäche zu zeigen. Perfektion ist für mich uninteressant und fad.“ sagt sie selbst dazu. Eine starke Ansage, wenn man die restlichen Songs des Albums hört. Diese erforschen spielerisch Zwischenräume des Alternative-Pop, wie es solcherart bislang nicht oft zu hören war. Erwähnt seien der Titelsong „Idiotenparadies“, das live eingespielte „Coco Chanel“ („es lebe der Zweifel und die Unsicherheit“), das in seiner elektronischen Andersartigkeit fesselnde „Tagada“ (eine Kollaboration mit Hans Wagner von Neuschnee), das zutiefst traurige „Meine Traurigkeit“ (ein Schlüsselsong auf einem an Höhepunkten nicht armen Album), die erste Singleauskopplung „Dystopia“ (samt sehenswertem Video) oder auch das programmatische „Wien, Du machst mich verrückt“.