„Spatsommer in Berlin 2016. Ich verbringe drei Monate in der Hauptstadt, weit entfernt von meiner Wahlheimat Stockholm. Vor mir habe ich ein Instrument, dass ich jahrelang mit gleichen Teilen Faszination und Ehrfurcht bestaunt habe — ein Klavier. Es sollte für mich, der immer ausschließlich an der Akustikgitarre komponiert hatte, der Anfang einer intensiven Zeit des Lernens und Songschreibens werden. Nach einem Jahr hatte ich genug Material und das Studio war gebucht. Aus weißen und schwarzen Tasten waren unendlich viele neue Möglichkeiten geworden.
Einer der ersten Songs, die ich in Berlin schrieb, war „True Friends Are Rare“. In meinem Handy habe ich noch die Notiz mit der ersten Zeile, die mir irgendwo in der S-Bahn einfiel: „Your Best Friend Is The Night“. Der Song gab mir Zuversicht und Selbstvertrauen, weiter am Piano zu schreiben. Ohne ihn hatte es vielleicht nie dieses Album gegeben.
Die meisten Songs entstanden in dem Gefuhl, losgelöst zu sein von meinem Alltag. Auch dass ich, nach vier Alben, lange nicht mehr in dem üblichen Schema „Album schreiben-aufnehmen- veroffentlichen-touren (repeat)“ war, half mir sehr, mich auf einen neuen Sound ganz einzulassen. Im Studio Nord in Bremen hatte ich vor, ein Album mit so wenig Instrumentierung wie möglich aufzunehmen. Es waren lange Tage, in denen ich mich in einer Art heiligem Dreieck zwischen einem Upright-Piano, einem Flügel und dem Sofa im Control Room bewegte. Zum Unterschied zum Vorgänger „Golden“ (eingespielt als Quartett) lag alle Verantwortung auf mir als Musiker und Gregor Hennig als Tontechniker, das beste aus den Songs herauszuholen.
Der letzte Song, den ich für das Album schrieb, entstand im Studio: „Ten Minutes“. Er kam einfach so, innerhalb von Minuten war das Gerust fertig, ich schraubte am Text herum und wir nahmen den Song am selben Tag auf. Es gibt immer wieder diese besonderen Momente, auf die man als Songschreiber hofft: der Song der sich fast wie von alleine schreibt.
Später entschied ich mich, noch kleinere Arrangements zu einigen Songs dazuzugeben. Die Livebandmitglieder Patric Thorman (Bass) und Lars Plogschties (Schlagzeug), sowie die Gastmusiker Julia Strzalek (Alto-Saxofon, Klarinette) und Emil Strandberg (Trompete) gaben dem Album dadurch die Abwechslung, die es zu einem runden Ganzen machen.“
Johannes Mayer, The Late Call – Stockholm inn Frühjahr 2020
Foto: Anna Ledin Wiren