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Holygram vereinen Postpunk und New Wave mit Krautrock- und Shoegaze-Elementen

Foto: Yves Christelsohn

Die unterschiedlichen Einflüsse der fünf Bandmitglieder, die sich 2015 in der vibrierenden Musiklandschaft Kölns zusammenge-funden haben, sind unüberhörbar: New Order meets NEU!. Ihr unprätentiöser Umgang mit den eigenen Vorbildern ist der Beweis, dass der Blick in die Vergangenheit unweiger-lich auch nach vorne gerichtet sein muss. Geschickt fügt sich bisher Unvereinbares zu-sammen, zum Soundtrack einer Stadt, die im Dämmerlicht bedrohlich wirkt. Die Band, die sich live stets in dichte Nebelschwaden und kühles Licht hüllt, hat auf zahlreichen Festivals wie etwa dem Mailfeld Derby, Wave-Gotik-Treffen oder New Waves Day gespielt sowie die britische Formation OMD auf ihrer EU-Tour 2017 begleitet. Ende des Jahres werden die Kölner bei einer ausgiebigen Support-Tour mit VNV Nation in Eu-ropa und Amerika das Debüt-Album Modern Cults live vorstellen.

Der Longplayer knüpft an die 2016 erschienene selbstbetitelte EP an und intensiviert HOLYGRAMs Auseinandersetzung mit dem Themenkomplex der Großstadt. Entfremdung und Anonymität, Hoffnung und Erinnerung, Liebe und Identität: Die inhaltlichen Reflexi-onen stehen stets im engen Zusammenspiel mit dem markanten Soundgewand der Band. Dabei bewegt sich die Atmosphäre der Songs zwischen der brachialen Geräuschkulisse einer Großstadt und der Zerbrechlichkeit des sich darin verlierenden Menschen. Scharf-sinnig beobachtete Szenarien einer verfallenden Welt, in der das Individuum schon lange nicht mehr die Hauptrolle spielt.

Die insgesamt 11 Songs sind in den letzten Jahren entstanden und wurden teilweise be-reits live erprobt. Songs wie der Titeltrack „Modern Cults“ oder das sphärische „Still There“ folgen den Protagonisten auf einem nächtlichen Trip durch Clubs, Flashbacks, herunter-gekommene Stadtviertel und die Untiefen der menschlichen Psyche. Die Diversität des Stadtbildes als Spiegelbild des Menschen ist der Ariadnefaden, den die fünf Musiker dem Hörer übergeben, um sich in der stilistischen Bandbreite nicht zu verlaufen. Denn HOLYGRAM verstehen sich nicht als Band eines bestimmten Genres. Schwermütige Gitarren-wände (Distant Light) wechseln sich ab mit erhebenden Bassläufen (Hideaway), unter-kühlte Synthesizer treffen auf stoisch-treibende Rhythmen und bilden gemeinsam die Projektionsfläche für die ambivalenten Geschichten, die HOLYGRAM in ihrer Musik erzählen. Durchwandert man in 1997 vergessene Orte einer zerbrochenen Beziehung, so konfrontiert der Song „She’s like the sun“ ironisierend mit dem Scheitern an unerreichbaren Zielen. Autobiografie verschwimmt mit Fiktion, Vergangenheit mit Gegenwart, und werden zu einer gleichzeitig bedrückenden wie auch hoffnungsuchenden Vision menschlicher (Ko-)Existenz: Der Mensch im Nebel der eigenen Träume am Scheideweg zwischen Außen- und Innenwelt, zwischen Schein und Sein.

Hier setzt auch die erste Single „Signals“ (VÖ: 7.9.18) an, deren waviges Gewand über den emotional zerrissenen Text hinwegtäuscht und den zutiefst melancholischen Refrain („Sometimes when I close my eyes I see you walk away / And everytime the sun comes up the feeling is the same“) zur poppigen Hymne erhebt. Dabei wird deutlich, dass der Mensch in dieser Welt nur ein Zahnrad in einer größeren, sich verselbständigenden Maschine ist.

Unterstützung für die Produktion der im Kölner Amen Studio aufgenommenen Platte haben sich Patrick Blümel (Gesang), Sebastian Heer (Schlagzeug), Marius Lansing (Gitarre), Pilo Lenger (Synthesizer) und Bennett Reimann (Bass) bei Maurizio Baggio geholt, der für The Soft Moons Alben „Deeper“ und „Criminal“ verantwortlich zeichnet. Gemeinsam wurde am bereits etablierten Sound der Band gearbeitet und dieser um zahlreiche Facetten erweitert.